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Architektonisches Konzept und Tragwerksentwurf: Pierluigi DʼAcunto, Lukas Ingold, Patrick Ole Ohlbrock

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Der Entwurf für das Stadion der Olympischen Sommerspiele in Tokyo 2020 hinterfragt das konventionelle Bild von Sportstätten auf radikale Weise und ist Teil eines laufenden Forschungsprojektes, in welchem neuen Tragwerkskonzepte für grossmassstäbliche Infrastrukturbauten entwickelt werden. Als grundlegende Bestandteile eines Stadionentwurfs, dienen die Tribünen als Ausgangspunkt für das Konzept, in dem sie hier als tragende Elemente in die Leichtbaustruktur des Dachs integriert werden. Drei tragende Ringe, zwei für die Zuschauertribünen und ein weiterer für das Dach, sind sequenziell ineinander gehängt und erscheinen so als schwebend anmutende Körper. Die entwickelte Lösung zeugt im Vergleich zu den für dasselbe Grundstück vorgeschlagenen Planungen von Zaha Hadid Architects (2012) und Kengo Kuma and Associates (2015) von einer sehr kompakten Volumetrie und einer drastisch reduzierten Bebauungsfläche. Die bestimmenden Entwurfsparameter für diese Stadiongeometrie sind das integrale Tragwerk, die Sichtbedingungen für die Zuschauer sowie die optimale Besonnung des Spielfeldes. Durch die Öffnungen zwischen den gestapelten Tribünen und das konische Dachprofil, erhält die Rasenfläche während des ganzen Jahres direktes, natürliches Sonnenlicht. Die Sportstätte entspricht mit einer 400m langen Laufbahn und einem Standard-Fussballfeld den Olympischen Richtlinien und bietet Platz für 70′000 Zuschauer. Das Tragwerk besteht hauptsächlich aus einem Seilnetzwerk, welches zur Aufhängung und Aussteifung der einzelnen, übereinander angeordneten Tribünenringe dient. Gleichzeitig akzentuiert das Netzwerk aus überlagerten Seilen einen filterartigen Übergang zwischen Innen und Aussen und bildet einen halbgedeckten öffentlichen Raum. Im Sinne der Einheitlichkeit der vorgeschlagenen Lösung erfolgt die Erschliessung der einzelnen Tribünenringe über im Seillnetz integrierte Treppen.

Das Konzept für die Tragstruktur bezieht sich auf die räumliche Anordnung der Tribünen. Die aus Leichtbau-Kompositmaterialen gefertigten Tribünenringe werden von einem Netzwerk aus vorgespannten Seilen in hochzugfestem Stahl getragen. Während bei bekannten Leichtbaukonstruktionen, wie Richard Buckminster Fullers Tensegrity Dome und David Geigers Cable Dome, Druckstreben die statische Höhe des vorgespannten Tragwerks ergeben und gleichzeitig die Zugglieder umlenken, werden bei der vorgeschlagenen Lösung die Tribünenringe in gleicher Weise aktiviert. Die Tribünen sind sequenziell übereinander angeordnet, so dass jeweils ein Ring vom nächsten abgehängt wird, bis zum im Erdreich eingelassen, untersten Stand. Diese Staffelung führt zu einer Steigerung der Zugkräften Ebene um Ebene von oben nach unten. Um das Sichtfeld der Zuschauer nicht einzuschränken, kreuzen die Seile nicht die Sichtlinien. Stattdessen wurde versucht das räumliche Potential der Stadiongeometrie für die Aufhängungen auszuschöpfen. Die entstehenden horizontalen Kräfte werden durch Zug- und Druckringe aufgenommen, welche diskret in den Querschnitten der Tribünen geführt werden. Zusätzliche, radial angeordnete Seile verankern die Struktur gegen abhebende Winde. Um horizontal wirkenden Kräften durch Wind oder Erdbeben zu standzuhalten, wurden die Seile im Grundriss zur besseren Aussteifung überkreuzt. Auf diese Weise, können die Ringe als hintereinander geschaltete Resonanzdämpfer agieren und die Schwingungen eines Erdbebens gegenseitig abdämpfen. Gleichzeitig vermag die Struktur dynamische Lasten in einer grossen Spanne an unterschiedlichen natürlichen Vibrationsfrequenzen zu widerstehen. Dadurch können gefährliche harmonische Resonanzschwingungen vermieden werden.

Das Projekt wurde im Rahmen der IASS International Design Competition ausgezeichnet und im September 2016 während des IASS Symposiums in Tokyo der Öffentlichkeit vorgestellt.

last modified 9.11.2016